Angedacht 17.4.2022

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Herzlichen Gruß an alle, die mitlesen!

 

Wir feiern Ostern! Es ist das wichtigste Fest der

Christenheit. Ja, ich weiß, es ist nicht das am

besten vermarktete christliche Fest. Da reibt sich

der Handel eher zu Weihnachten die Hände. Aber

trotzdem: Ostern ist das bedeutsamste christliche

Fest, weil es um das Zentrum unseres Glaubens

geht, nämlich die Auferstehung Jesu.

Gott überwindet den Tod. Hass, Angst, Unterdrückung,

Leid und Schmerzen sind in unserer Welt

noch erfahrbar und schrecklich. Aber all das behält

nicht das letzte Wort.

In der Bibel ist berichtet, wie die Menschen, die

Jesus über Jahre begleitet haben, auf die Nachricht

der Auferstehung reagieren. Ein eindrücklicher

Bericht findet sich im Johannesevangelium

20,24-31. Dort ist zu lesen, dass die meisten Jünger

Jesu bereits eine Erfahrung mit dem Auferstandenen

hatten.

Nur einer aus der Gruppe, Thomas, war

bei der ersten Begegnung nicht dabei.

Nun ist er mit den anderen zusammen

und Jesus kommt in den Raum. Thomas

sieht ihn, hält ihn aber nicht für Jesus,

weil er sich einfach nicht vorstellen

kann, was die anderen berichtet haben.

Erst als Jesus ihm die Wundmale der

Kreuzigung zeigt und Thomas bittet,

ihn dort zu berühren, erkennt er, dass

er wirklich Jesus vor sich hat.

In der Tradition wird die Geschichte mit

„Der ungläubige Thomas“ betitelt. Mal

abgesehen davon, dass er am Ende

glaubt, trifft dieser Titel nicht den

Kern, ja lenkt davon sogar ab. Der Titel

müsste eigentlich heißen: „Jesus hilft

dem zweifelnden Thomas zu vertrauen.“

Denn darum geht es in diesem Abschnitt. Unser

Glaube an das Unglaubliche ist nicht die letzte

Leistung, die Gott von uns Menschen verlangt, damit

wir uns Christen nennen dürfen. Zweifeln gehört

dazu. Wer zweifelt und um Antworten und

Gewissheiten ringt, ist immer noch ganz nahe bei

Gott. Jesus weist darum Thomas auch nicht zurecht,

sondern geht auf ein, bemüht sich um ihn.

Jesus lädt ihn ein, ihn zu berühren. Jesus holt

Thomas genau an der Stelle ab, die für ihn wichtig

ist. Vom Hörensagen der anderen kann Thomas

nicht leben, er muss seine eigene Erfahrung mit

Jesus machen.

Und damit sind wir bei etwas Wichtigem: Thomas

berührt Jesus an seinen Wundmalen. Er hätte ihn

ja auch einfach umarmen können oder ähnliches.

Nein, es sind die Wundmale, die Jesus ihn

berühren lässt. Die trägt er nämlich auch als

Auferstandener.

Auch der Auferstandene bleibt der Gekreuzigte.

Ja, das Kreuz ist leer, aber es bleibt das Kreuz. An

Jesus Christus als Auferstandenen zu glauben

heißt nicht, alles Lebensfeindliche einfach zu

ignorieren und einen rosarot gefärbten Glauben

zu leben. Im Gegenteil: Wer an Jesus glaubt, kann

sich dem Tod und dem Schrecklichem in der Welt

stellen. Wer von der Auferstehung weiß, versucht

dieser Gewissheit durch den Einsatz für andere

Gestalt zu verleihen. Denn am Ende steht nicht

der Sieg der Gewalt und des Leids, sondern Jesus,

der uns allen sagt, dass wir aufatmen und leben

dürfen.

Ich wünsche allen ein gesegnetes Osterfest

Hartmut Kraft