Ein Wort haben für die Hoffnung

Wie geht es nach Ostern weiter?
Die Worte des Auferstandenen hallen noch in den Ohren:
Geht hinaus in die ganze Welt, und verkündet das Evangelium allen Geschöpfen!“ (Mk 16,15).
Was für ein Anspruch an das kleine Grüppchen unterwegs in den Anfängen aller christlichen Gemeinschaften. Die ganze Welt soll jetzt im Blick sein – in einem österlichen Auferstehungsblick.

Wie das überhaupt funktionieren kann, dafür haben die neutestamentlichen Briefe eine Reihe von Empfehlungen. Eine davon ist der Monatsspruch für April in diesem Jahr geworden:
Seid stets bereit, jedem Rede und Antwort zu stehen, der von euch Rechenschaft fordert
über die Hoffnung, die euch erfüllt.
(1 Petr 3,15)

Wie oft wird man das überhaupt gefragt?
Waren die Menschen damals, als jener erste Petrusbrief verfasst wurde, so viel direkter?
Haben wir es in unserer christlichen Gesprächskultur verlernt, passende Antworten bereit zu halten – weil uns davor schon die Fragen abhandengekommen sind?

Der biblische Text entspringt dem Umgang bei Gericht:
eine Verteidigungsrede für die Hoffnung, die wird gebraucht.
Auch heute wird ihr einiges vorgeworfen:
Naiv sei sie, die Hoffnung. Nicht zeitgemäß angesichts all der Katastrophen.
Vielleicht … ein bisschen zu billig?
Wie in einem Asylverfahren wird sie in die Mangel genommen:
Was willst du denn überhaupt hier? Seit wann bist Du denn bei uns – seit Ostern, gibst Du an?
Du wurdest doch schon viel früher hier gesehen, Du wirkst irgendwie – uralt.
Und dann willst Du gleich einen permanenten Aufenthaltstitel hier?
Was hast Du denn vorzuweisen, Hoffnung?!?

Möge ihr es nicht die Sprache verschlagen. Und mir auch nicht – denn schließlich gilt ja:

Halte ein Wort bereit für alle, die dich fragen: wo ist sie denn, deine Hoffnung?

Tagtäglich wird sie meist etwas weniger dramatisch eingefordert:

Warum tut ihr euch das eigentlich an?!
In den sozialen Medien taucht dahinter auch gern ein schulterzuckendes Strichmännchen auf:
Wozu denn das ganze?!
Hoffnung hat es da nicht leicht.
 

Warum stehe ich, wenn irgendwie möglich, an den Freitagen zur Mahnwache vor einer Synagoge?
Warum antworte ich oft auf Textnachrichten, die zu seltsamen Tageszeiten kommen – wenn ich in ihnen eine tiefere Anfrage vermute?
Warum gießen wir als Hausgemeinschaft bei Bedarf den Baum vor unserer Türe – und noch zwei weitere, soweit unsere Möglichkeiten reichen?

Irgendwo hält sich darin Hoffnung versteckt.
Und in ganz vielen anderen Begebenheiten.
Befragt nach ihren Referenzen hat sie genug vorzuweisen in ihrer menschenverwobenen Geschichte.
Sie möchte hier bleiben – für immer.
Und von der Auferstehung erzählen, vom Leben.


Eure / Ihre
Anja Müller, Pastorin