Mit den Augen der Gnade Gottes diese Welt sehen

Predigtimpulse zum 13.Sonntag nach Trinitatis/ 25. August 2024[1]

 

Der Text: 3. Mose 19 (in Auszügen)

 

1Der Herr sprach mit Mose und forderte ihn auf, 2mit den Israeliten zu reden und ihnen auszurichten: Ihr sollt heilig sein, denn ich bin heilig. Ich bin der Herr, euer Gott. 3Jeder soll seinen Eltern mit Ehrfurcht begegnen, seiner Mutter und seinem Vater. Außerdem sollt ihr den Sabbat einhalten. Ich bin der Herr, euer Gott. …

 

13Du sollst deinen Nächsten nicht unterdrücken und ihn nicht ausbeuten. Den Lohn des Tagelöhners sollst du gleich ausbezahlen. Du sollst ihn nicht bis zum nächsten Morgen behalten. 14Du sollst Tauben nicht mit Worten schaden. Du sollst Blinden kein Hindernis in den Weg legen. Und du sollst Ehrfurcht haben vor deinem Gott. Ich bin der Herr.

15Bei Gericht soll es nicht ungerecht zugehen: Du sollst den Bedürftigen nicht bevorzugen, aber auch den Mächtigen nicht begünstigen. Stattdessen soll es gerecht zugehen, wenn du für deinen Nächsten Recht sprichst. 16Du sollst es nicht darauf anlegen, andere vor deinem Volk zu verleumden. Geh auch nicht hin, um das Leben deines Nächsten zu fordern! Ich bin der Herr.

17In deinem Herzen soll es keinen Platz für Hass geben: Hasse deinen Bruder und deine Schwester nicht! Stattdessen sollst du mit deinem Nächsten reden und ihn auf sein Verhalten ansprechen. So wirst du dich seinetwegen nicht mit Sünde belasten. 18Du sollst dich nicht rächen und deinen Brüdern und Schwestern nichts nachtragen. Stattdessen sollst du deinen Mitmenschen lieben wie dich selbst. Ich bin der Herr.33Wenn ihr in eurem Land seid und ein Fremder bei euch lebt, sollt ihr ihn nicht unterdrücken. 34Wie einen Einheimischen sollt ihr den Fremden ansehen, der bei euch lebt. Du sollst ihn lieben wie dich selbst. Denn im Land Ägypten seid auch ihr Fremde gewesen. Ich bin der Herr, euer Gott.

(nach der Basisbibel 2021)

 

Liebe Lesende,

 

Rechtstexte sind keine Krimis und auch keine Liebesromane, aber zu beiden können sie sich entwickeln.

 

In den letzten Tagen las ich von einer Untersuchung, wie es aktuell um die Umsetzung des Mindestlohnes in unserem Lande steht. Es zeigte sich, dass inzwischen durch alle politischen Lager hindurch man grundsätzlich dieses Gesetz für eine sinnvolle Sache hält. Doch dann folgte eine lange Liste von Tricks und Praktiken, wie vor Ort in Betrieben und Einrichtungen vermieden wird, am Ende tatsächlich für die Stunde Arbeit das zu bezahlen, was gesetzlich vorgeschrieben ist. Der Autor des Artikels schlägt vor, auch in Deutschland, wie in vielen anderen Ländern Europas, eine eigene Finanzpolizei zu etablieren, damit auch die Verstöße gegen das Recht auf einen Mindestlohn besser geahndet werden können.

 

In Rechtstexten spiegelt sich auch die Wertschätzung und positive Zuwendung zu anderen wieder, nicht nur das Gesetz, das durchgesetzt werden soll. Das biblische Doppelgebot der Liebe zu Gott und zum Nächsten ist in vielen Verfassungen im Schutz und der Hilfe für Notleidende in konkrete Rechtsparagraphen gegossen worden. Die biblische Tradition liest die Gebote als einen Spiegel der Gnade Gottes mit aller Kreatur und jedem Geschöpf, das auf dieser Erde lebt.

 

Die Verse im 19. Kapitel des 3. Buch Mose nennen nicht nur die konkrete Praxis, die sich Gott für ein gutes soziales Miteinander unter uns wünscht, sie begründen, warum es diese Praxis ist, die für uns selbstverständlich sein sollte. Gottes Heiligkeit soll durch unser Leben und Wirken in diese Welt hineinleuchten.

 

Die Heiligen im Alltag zwischen Hektik, Überforderung und Streit

 

Gott beruft seine Leute mitten in einer Welt, die viele Fallstricke kennt, um dem gesunden Leben die Luft zum Atmen zu nehmen. Der Anspruch des heiligen, gottgefälligen Lebens soll gelebt werden, wenn das Haus voller Hektik ist, der Bus ausfällt und man überlegt, wie die Kinder pünktlich zur Schule kommen oder gerade die Spülmaschine ihren Geist aufgibt. Die ruhige Insel, wo man in Stille und Abgeschiedenheit bedächtig die Dinge des Tages vorbereiten kann und dann umsetzt, wird uns nicht oft geschenkt.

 

Doch die Komplexität der Dinge, die sich beim Engagement für und mit anderen sich in der Regel ganz schnell zeigt, bringt uns immer wieder an Grenzen. Eigentlich wollte man jemand mit einem neuen Schrank nur etwas Gutes tun und am Ende schraubt und bastelt man stundenlang an Brettern und Latten, die im Prospekt ganz anders aussahen als nun hier verpackt im Karton.

 

Den Heiligen bleiben Streit und Konflikte nicht erspart, die, egal wie man es mit der christlichen Ethik hält, gelöst werden müssen. Nachbarn müssen miteinander darüber reden, dass der Grill im Garten nebenan nicht nur Freude und Begeisterung mit seinen Rauchwolken auslöst und Eltern können nicht einfach diktieren, was die Gesetze für ihre pubertierenden Mitbürger in der Wohnung sind, sondern man muss tragfähige Lösungen für alle finden.

 

Doch das Wort von der Heiligkeit Gottes und dem Anspruch, diese Heiligkeit im Alltag zu leben, öffnet uns immer wieder ein Fenster, durch das dann frische Luft in verfahrenes Leben hineinströmen kann. In unseren Konflikten dürfen wir annehmen, dass Verständnis für und Vertrauen in einander nicht gemacht werden können, sondern aus einer himmlischen Quelle entspringen. Das Chaos der Welt regelt Gott auf seine Weise und am Ende können wir hoffentlich mit ihm sagen: „Siehe, es ist gut!“[2] Die ruhigen Augenblicke zum Nachdenken und hören sind nicht immer nur Mangelware. Wenn sie uns geschenkt werden, dann bieten sich uns mit ihnen geistliche Zeiten an, die Kraft und Hoffnung freisetzen können.

 

Die Einladung zu einem heiligen Leben erwartet keine perfekten Menschen, aber sie soll uns daran erinnern, dass Gottes gnädiger und liebender Prozess der Erneuerung unseres Lebens noch weitergeht. In der englischen Sprache gibt es die Formulierung „Work in progress“  - „was getan werden muss, ist noch nicht fertig, aber es wird daran gearbeitet.“

Gott schaut auf uns und sagt sich: Work in progress bei diesen Heiligen!

 

Der Kampf für Arbeitsrechte, weil auch die Arbeit Teil des heiligen Lebens ist

 

Die methodistische Bewegung löste in der Arbeitswelt der englischen und auch der nordamerikanischen Gesellschaft heftige Diskussionen aus. In Cornwall in Südengland oder auch in den Kohlerevieren in Mittel- und Nordengland waren es immer wieder fromme Methodisten, die in ihren Classgruppen durch das Predigen und die Organisation von konkreten sozialen Aufgaben geschult waren, um auch in den Arbeitskämpfen auf den Zechen oder mit den Großgrundbesitzern das Wort zu führen. Was die Bibel als gegen Gottes Willen verurteilt, das konnte nicht plötzlich als richtig und gut akzeptiert werden, wie z.B. die Arbeit von Kindern in dunklen Kohleflözen bei unmenschlichen Arbeitsschichten.

 

So wurde Heiligung für Methodisten zu einer sehr politischen Frage. Können Ordnungen, wie sie Gott in der Bibel Gott Menschen zum guten Leben schenkt, durch ungerechte weltliche Gesetze oder für die Maximierung der Profite in Betrieben einfach als überholt und nicht mehr bindend abgetan werden?

 

Diese Diskussionen brachten die nordamerikanischen Konferenzen und ihre Gemeinden dazu, 1908 ein soziales Bekenntnis zu formulieren. Dieses Bekenntnis ist seitdem immer wieder angepasst, verändert und ergänzt worden und steht auch heute als Text unter den Bekenntnissen in unserem Gesangbuch. Durch dieses soziale Bekenntnis formte sich in den folgenden Jahren eine breite Ökumenische Bewegung, die starken Einfluss auf die Gesetzgebung in Washington nahm. Die dann in den USA in diesen Jahren verabschiedeten Arbeitsgesetze waren eine Frucht der Suche in den Gemeinden, wie Heiligung auch in der Arbeitswelt gelebt und praktiziert werden kann.

 

Heute formulieren wir das in unseren sozialen Grundsätzen als Kirche so:

Wir unterstützen Maßnahmen, die die Länge sowohl des Arbeitstags wie auch der Arbeitswoche begrenzen und befürworten Methoden, die jeder Arbeitnehmerin/jedem Arbeitnehmer bezahlte Beurlaubung garantieren, einschließlich, aber nicht begrenzt auf Krankenstand und Urlaub bei Trauerfall, Gelegenheiten zu einer Wahl zu gehen und andere Bürgerpflichten auszuüben, Erholungsurlaub, sowie Elternurlaub für diejenigen, die für Neugeborene oder kürzlich adoptierte Kinder sorgen.[3]

 

Der alte Text im 3. Buch Mose trägt eine Botschaft bis in unsere Zeit, die auch wir wieder neu buchstabieren müssen. Wer mit Gottes gnädigen Augen auf unsere Zeit und diese Welt schaut, merkt, wo Regeln im gesellschaftlichen Miteinander nicht mehr das Leben schützen und fördern, sondern Menschen bedrücken und entwerten.

 

Gott sucht die, die seine Heiligkeit auch dort wieder leuchten lassen, wo Egoismus, Angst und Gewalt den Takt vorgeben. Wir sollen heilig sein, wo es um gerechte Arbeitsbedingungen geht oder um den Hass auch im öffentlichen Gespräch oder den Fremden, die bei uns ein neues Zuhause und Schutz sucht.

 

Amen.

 

 

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Ihr Günter Loos!

 

Pastor Günter Loos

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Büro Lage:  Im Gerstkamp 2 ° 32791 Lage ° Tel.: 05232.3696

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[1] Bild: Logo der First Church – A United methodist Family – Lawrence, Kansas / USA

[2] Frei nach 1. Mose 1,10 und folgende

[3] Siehe Soziale Grundsätze der Ev.-methodistischen Kirche nach der überarbeiteten Fassung der Generalkonferenz 2024, Abschnitt „Wirtschaftliche Gemeinschaft. Wirtschaftliche Gerechtigkeit. C Die Würde der Arbeit“

Gegen ungerechte Gesetze.

Predigtimpulse zu Galater 2, 16-21

zum 11. Sonntag nach Trinitatis / 11. August 2024[1]

 

Der Text: Galater 2, 16-21

 

16Aber wir wissen: Kein Mensch gilt vor Gott als gerecht, weil er das Gesetz befolgt. Als gerecht gilt man nur, wenn man an Jesus Christus glaubt. Deshalb kamen auch wir zum Glauben an Jesus Christus. Denn durch diesen Glauben an Christus werden wir vor Gott als gerecht gelten – und nicht, weil wir tun, was das Gesetz vorschreibt. Schließlich spricht Gott keinen Menschen von seinen Sünden frei, weil er das Gesetz befolgt.

17Nun wollen wir ja durch Christus vor Gott als gerecht gelten. Wenn sich nun aber zeigt, dass wir trotz allem Sünder sind – was bedeutet das dann? Auf gar keinen Fall bedeutet es, dass Christus die Sünde auch noch fördert! 18Wenn ich nämlich das Gesetz wieder einführe, das ich vorher abgeschafft habe, dann heißt das: Ich selbst stelle mich als jemand hin, der es übertritt. 19Das Gesetz hat mir den Tod gebracht. Ich gelte deshalb für das Gesetz als gestorben, damit ich für Gott leben kann. Mit Christus zusammen wurde ich gekreuzigt.

 

20Deshalb lebe ich also nicht mehr selbst, sondern Christus lebt in mir. Zwar lebe ich noch in dieser Welt, aber ich lebe im Glauben an den Sohn Gottes. Er hat mir seine Liebe geschenkt und sein Leben für mich hingegeben. 21Ich weise die Gnade nicht zurück, die Gott uns erweist. Denn wenn wir durch das Gesetz vor Gott als gerecht gelten, dann ist Christus vergeblich gestorben. (nach der Basisbibel 2021)

 

Liebe Lesende,

 

sie wurde zu einem besonderen Vorbild für viele und zu einer modernen Heiligen unserer Kirchentradition, weil sie im Bus ihren Platz nicht freigemacht hat. In Montgomery im US-Bundesstaat Alabama galt seit 1900 das Stadtgesetz in öffentlichen Bussen, dass nur Menschen weißer Hautfarbe in den ersten vier Reihen der Busse sitzen durften. Wenn mehr weißhäutige Passagiere einstiegen, wurde ein Schild im Bus immer weiter nach hinten gerückt und Menschen mit nicht weißer Hautfarbe mussten sich weiter hinten im Bus einen Platz suchen oder aussteigen. Weiße sollten zuerst im Bus einen Platz bekommen.

Am 1. Dezember 1955 hatte Rosa Parks einen anstrengenden Arbeitstag hinter sich gebracht und freute sich, im Bus hinter den für Weiße reservierten Reihen einen Platz zu finden. Doch nach drei weiteren Haltestellen waren alle vorderen Plätze belegt und der Busfahrer forderte Frau Parks auf, sich nun weiter hinten einen Platz zu suchen. Sie weigerte sich aufzustehen, es kam zu einer Anzeige, sie wurde verhaftet und zu einer Geldstrafe verurteilt, die sie im Gefängnis absaß. Doch mit ihrer Weigerung, nicht den Sitzplatz freizugeben, weil er ihr nach dem geltenden Stadtgesetz auf Grund ihrer Hautfarbe nicht mehr zustand, brachte sie eine Lawine ins Rollen, die nicht nur in Montgomery etwas grundlegend veränderte.

 

Gesetze sind wichtig für die Organisation unseres Zusammenlebens und den Schutz von Schwächeren in unseren Gesellschaften. Doch Gesetze sind immer wieder auch Mittel, um ungerechte Ordnungen zu legitimieren und privilegierten Bürgern besondere Vorteile zu sichern. Gesetze sind nie neutral und schon gar nicht vom Himmel gefallen. Auch die universalen Menschenrechte, das lernen wir zurzeit wieder neu, müssen immer wieder neu erkämpft, verteidigt und erklärt werden.

 

Gesetze ersetzen nicht den lebendigen Glauben

 

Unser Bibelabschnitt wurde lange so gedeutet, dass der ausgebildete jüdische Schriftgelehrte Paulus mit seiner scharfen Kritik am Gesetz die Texte der Thora, die in weiten Teilen eine Sammlung jüdischer Alltagsordnungen und Gebote sind, grundsätzlich ablehnt und so seinen Bruch mit dem jüdischen Glauben dokumentiert. Doch Paulus hat nie seine Herkunft und seine religiöse Ausbildung verleugnet. Als er Christus kennenlernte, deutete er diese Traditionen neu und sie verloren für ihn ihren Wert, weil sich für ihn in Christus ein tieferer und umfassenderer Zugang zur Begegnung mit Gott aufgetan hatte.

 

Doch es gibt inzwischen gute Gründe zu vermuten, dass hinter unserem Bibelabschnitt nicht die Diskussion um die Bedeutung der jüdischen Thora für den Glauben an Gott stand. Es findet sich keine eindeutige Nennung der jüdischen Glaubensgesetze in diesem Abschnitt. Doch für den Alltag der christlichen Gemeinden außerhalb von Palästina war ein römisches Gesetz von viel weitreichender Bedeutung. Alle Bürger im römischen Reich hatten an verschiedenen Orten und mit besonderen Ritualen dem Kaiser zu huldigen und ihn auch als die höchste Autorität in religiösen Dingen anzuerkennen.

 

Dieses Gesetz stand in letzter Konsequenz gegen den jüdischen und auch den christlichen Glauben und forderte zu klaren Positionierungen auf. Paulus reagierte vermutlich auf diese Diskussion in der Gemeinde. Seine Antwort auf die Frage, wie man mit diesen Verehrungsgeboten für den Kaiser umgehen soll, ist in ihrer Argumentation ähnlich, wie seine Antworten, die er auch an anderen Stellen gegeben hatte. In der Diskussion mit Gegnern und Bekannten aus der jüdischen Tradition unterstreicht er immer wieder: nicht die Beschneidung oder die vollkommene Einhaltung der Gesetze aus der Thora oder die Praxis der Reinheitsgebote schenken den Glauben, sondern allein die Begegnung mit dem auferstandenen Christus können den Weg zu Gott öffnen. Sein Glaube, dass Jesus Gottes Sohn ist, veränderte seinen Umgang mit den ihm wohlvertrauten jüdischen Ritualen und Ordnungen, aber er brachte ihn auch in Distanz zu römischen Gesetzen, die Gottes Größe und Macht in Frage stellen.

 

Mit wenigen Sätzen bringt er im Brief an die Christen in Galatien diese Überzeugung auf den Punkt: mein Leben bewegt sich von außen betrachtet noch in bekannten und vertrauten Bahnen, aber innerlich lebe ich nur noch, weil ich an Jesus Christus als dem Sohn Gottes glaube, der für mich gekreuzigt wurde und den Tod überwunden hat.[2] Kein Gesetz hat für ihn diese Kraft, die ihm die lebendige Beziehung im Glauben an Christus schenkt.

 

Wieviel bewegen Gesetze, die mit Recht hinterfragt werden müssen?

 

Paulus formuliert sehr drastisch, was er von schädlichen Gesetzen hält, die aus unlauteren Gründen oder wenig durchdacht geschrieben wurden. „Das Gesetz hat mir den Tod gebracht.“V.19 Darum kann er auch, ob in religiösen Dingen oder in der öffentlichen Diskussion, das schlechte Gesetz nicht verteidigen. Ihm war wichtig, den Weg immer neu zu bewerben und zu beschreiben, der sich zu Gott durch Jesu Kreuzigung auftut.

 

Hier kommt es zu einer ganz neuen Perspektive, wie Glaube gelebt werden kann.

Viele halten Gesetze ein, erfüllen Gebote oder praktizieren religiöse Rituale, um aktiv etwas für den Glauben zu tun. Paulus fragt immer wieder nach: können wir etwas tun, um Gott glücklich zu machen und gnädig zu stimmen?Nein, lautet seine Antwort, der Gott, der Himmel und Erde geschaffen hat, wird sich nicht durch unser kleinliches Tun und Agieren manipulieren lassen und es braucht dies auch nicht. Gott hat agiert, sein Sohn ist für uns gestorben und auferstanden, und Gottes Liebe und Gnade wird jetzt schon in Christus deutlich. Nicht wir bauen den Weg zu einem neuen Himmel und einer neuen Erde, sondern Gott besiegt den Tod, vergibt uns Schuld und unsere Reise auf falschen Wegen, damit wir auf seinem neuen Weg ins Leben unterwegs sein können.

 

In dieser Grundhaltung kann Paulus über die Wirkung von Gesetzen, die viel versprechen, aber eben keinen Glauben erzeugen können, wenig Lobendes schreiben. Wo ein Gesetz nur Tod erzeugt, weil es unterdrückt und entmündigt, kann am Ende nichts Gutes stehen. Das Gute wächst, wo ein Gesetz und ein Gebot dem Leben einen sicheren Rahmen schenken will und nicht einseitig nur eine Position im Blick hat.

 

In dieser Logik ist es berechtigt, auch heute über Gesetze zu streiten, die, um Klima und Umwelt zu schützen und zu schonen, den Verzicht auf liebgewordenen Luxus und Sicherheit fordern. Doch im Sinne unseres Bibeltextes ist es viel wichtiger, die Herzen der Betroffenen mitzunehmen. Wer innerlich nicht akzeptieren kann, dass ein Klima, was nicht nur noch in Extremen funktioniert, und eine Welt, die auch für Arme und Pflanzen und Tiere einen sicheren Raum bietet, mich selbst am Ende reicher macht, wird mit allen Mitteln und Tricks gegen Gesetze vorgehen.

 

Doch wird es nicht Zeit, anstelle über die Qualität von öffentlichen Regel zu streiten, alle Kraft dafür zu mobilisieren, drohendes Unheil abzuwenden und von dem zu reden, woran wir glauben und was unser Leben trägt?

 

Gleichheit für alle ist ein starkes Zeugnis christlicher Rechtsauffassung

 

Erzählen wir die Geschichte von Rosa Parks noch etwas weiter.

Rosa Parks lernte in ihrer Familie den methodistischen Glauben kennen und immer spielte auch die Frage nach gleichen Rechten für schwarze Menschen eine wichtige Rolle. Rosa Parks ließ sich in verschiedenen Schulen und durch Aktionen für die Anerkennung der Gleichberechtigung schwarzer Menschen ausbilden. Als sie damals 1955 den Sitzplatz, für den sie bezahlt hatte, aufgeben sollte, war dies, so berichtete sie später, der letzte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte.

 

Es folgte ein Busstreikt der schwarzen Bevölkerung in Montgomery. Nach einem Jahr musste die Busgesellschaft die diskriminierenden Gesetze in den Busses zurücknehmen, weil der Betrieb auf die Insolvenz zusteuerte. Dieser Busstreik brachte Rosa Parks mit anderen Bürgerrechtsaktivisten zusammen. Martin Luther King wurde zum Pastor der baptistischen Gemeinde in Montgomery gewählt. Dieses Netzwerk engagierter und hochmotivierter Persönlichkeiten brachte nicht nur in den Bundesstaaten, sondern auch im Kongress in Washington Paragraph für Paragraph das System der Diskriminierung von nichtweißen Menschen in der Gesetzgebung zum Einsturz.

 

Rosa Parks machte nie einen Hehl daraus, wo sie die Orientierung in ihrem lebenslangen Kampf gleicher Rechte für alle immer wieder gefunden hat: in ihrem christlichen Glauben. Sie blieb bis zu ihrem Tod der Kirche verbunden und engagierte sich in ganz verschiedenen Ortsgemeinden für die Sache Jesu.

 

Christus befreit aus Gesetzlichkeiten, die uns persönlich und ganze Gemeinschaften unterdrücken und zerstören. An seinem Kreuz stirbt mit, was Gottes Liebe kleinmachen will und seine Gnade für unser Leben verachtet.

Amen.

 

Haben Sie Rückfragen oder möchten Sie einen Gedanken der Predigt noch weiter im Gespräch vertiefen? Wenden Sie sich an mich über eine der unten genannten Kontaktmöglichkeiten,

Ihr Günter Loos!

 

Pastor Günter Loos

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[1] Bild: Paulus. Byzantinisches Relief 6.-7. Jahrh., Musee de Cluny, Paris. Quelle: Paulus – Wikipedia / creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/

[2] Siehe Vers 20.