Monatsspruch Januar

1. Thessalonischer 5,21

Prüft alles und behaltet das Gute!


Rundbrief Januar 2024

Der Apostel Paulus schreibt etwa im Jahr 50 n. Chr. einen Brief an die von ihm auf seiner zweiten Missionsreise gegründete junge Gemeinde in Thessalonich.
Er ist beunruhigt, weil diese Christen vielen Einflüssen und Anfeindungen ausgesetzt sind.

Sowohl am Anfang als auch am Ende seines Briefes erwähnt Paulus den Glauben, die Hoffnung und die Liebe der Thessalonicher. Paulus stellt diesen jungen Gläubigen ein gutes Zeugnis aus, denn sie hatten mit großer Freude das Wort Gottes aufgenommen und eine lebendige Beziehung zu Gott. Zugleich befanden sich die Thessalonicher in großer äußerer Bedrängnis und Verfolgung.

In seinem Schreiben an die Thessalonicher ging der Apostel Paulus auf spezifische Themen ein, die ihr Leben betrafen. Paulus schrieb dabei auch über das Auftreten von falschen Propheten, deren Aussagen zu Unsicherheiten und Zweifeln unter den jungen Gläubigen führten. Weiter schrieb Paulus über ein gläubiges und verantwortungsvolles Leben und korrigierte auch die Auffassungen der Thessalonicher über die Wiederkunft von Jesus Christus.

Dabei forderte Paulus sie auf:
„Prüft alles und behaltet das Gute!“

Ist diese Aufforderung des Paulus fast 2.000 Jahre später auch noch für uns Menschen in der heutigen Zeit von Bedeutung?

Wir treffen täglich Entscheidungen, kleinere meistens unbewusst. Größere Entscheidungen treffen wir oft erst nach reiflichen Überlegungen und Abwägungen.

Hierzu ist mir eine witzige Begebenheit eingefallen. Bei einem Kurzinterview wird einem Mann auf der Straße die Frage gestellt:
„Sind Sie entscheidungsfreudig?“
Nach kurzem Überlegen antwortet dieser Mann:
„Ja..., nein..., ich weiß nicht...!“

Doch zurück zu uns: Bei all unserem Überlegen und Abwägen bleibt jedoch auch oft ein Rest an Unsicherheit. Nicht immer erkennen wir, ob eine Entscheidung richtig oder falsch war.

Ist das nicht auch Ansichtssache? Ich kann und möchte nicht einfach für mich übernehmen, was andere für richtig und gut finden. Dies bedeutet, dass meine Ansichten, mein Glaube und die Art, ihn zu leben, immer wieder auf den Prüfstand gestellt werden – von mir selbst und von anderen Menschen. Auch von Gott, dem daran liegt, dass mein Glaube und meine Beziehung zu ihm nicht erstarrt, sondern lebendig bleibt.

Und immer stellt sich dabei die Frage nach dem verlässlichen Fundament, das mir Halt im Leben gibt.

„Prüft alles und behaltet das Gute!“
Das meint, sich vor Neuem, vor Ungewohntem nicht zu fürchten, um es dann vorschnell durchs Raster fallen zu lassen. Es ermutigt dazu, erst einmal alles anzuschauen, gewissenhaft zu prüfen und miteinander im Gespräch zu bleiben.

Unmittelbar vor dem „Prüft alles und behaltet das Gute!“ schreibt Paulus:

„Achtet darauf, dass keiner Böses mit Bösem vergilt. Bemüht euch vielmehr mit allen Kräften und bei jeder Gelegenheit, einander und auch allen anderen Menschen Gutes zu tun. Freut euch, was auch immer geschieht! Lasst euch durch nichts vom Gebet abbringen! Dankt Gott in jeder Lage! Das ist es, was er von euch will und was er euch durch Jesus Christus möglich gemacht hat“
(1. Thessalonicher 5, Verse 15 bis 18, nach der „Neuen Genfer Übersetzung“).

Nicht das sprichwörtliche „Haar in der Suppe“, sondern „das Gute“ sollen wir suchen. Gerade das, was uns neu und fremd erscheint, sollen wir als Gelegenheit und nicht als Bedrohung betrachten. Dazu sollen wir Vertrauen gewähren, anstatt zunächst unlautere Motive bei unserem Gegenüber zu vermuten. Das „Gute“ ist das, was Gott will; es ist das, was das Leben gelingen lässt und was dem Wohl der Menschen dient.

Die Jahreslosung für 2025 will uns Mut machen:
„Prüft alles und behaltet das Gute!“
Es gibt keinen Grund, die Augen zu verschließen. Wir können mit offenem Blick in das neue Jahr gehen und kritisch prüfen, was dem Guten dient.

Die Bibel hilft uns dabei, dieses Gute zu erkennen und daran festzuhalten.

Werner Müller


Ein Wort von Bischof Harald Rückert zur aktuellen Situation

Es ist gut, ...
... dass in den letzten Wochen eine neue Leidenschaft für die freiheitlich-demokratische Grundordnung unseres Landes erwacht ist. Freiheit und Demokratie sind kostbare Güter!

... dass viele Menschen öffentlich bekunden, dass Antisemitismus, völkischer Nationalismus, Fremdenfeindlichkeit, Ausgrenzung und Gewalt in keiner Weise hingenommen werden können. Die Würde von Menschen ist unantastbar!

... dass Menschen in unseren Gemeinden ein sehr klares Urteil haben und sich positionieren. Sie wissen sich dem Evangelium verpflichtet und füllen die daraus abgeleiteten »Sozialen Grundsätze« unserer Kirche mit Leben.

... dass Menschen in der Nachfolge Jesu sich aktiv einsetzen für Menschenwürde und Menschenrechte. Das entspricht dem, wie die Bibel Gott bezeugt und wie sie den Menschen als Gottes Ebenbild beschreibt.

... dass sich die christlichen Kirchen in unserem Land in diesen Grundfragen einig sind und Stellung beziehen gegenüber Antisemitismus und Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Gewalt. Hier gibt es keine Kompromisse. Der gesellschaftliche Fokus ist derzeit aus erkennbaren Gründen auf den Rechtsextremismus ausgerichtet. Gleichzeitig gilt es, auch wachsam zu sein gegenüber anderen Entwicklungen, die ebenfalls dem Evangelium widersprechen. Das Nein der biblischen Botschaft zu menschenverachtendem Reden und Handeln gilt jeder Ausprägung inakzeptablen Verhaltens –von »rechts«, von »links«, aus religiösen Motiven oder woher es sonst gespeist sein mag.

 

Leider ...

... können viele Menschen etliche aktuelle politische Entscheidungen nicht mehr verstehen. Verunsicherung und die Sorge vor wirtschaftlichem und sozialem Abstieg nehmen zu.

... verstärkt sich eine Entwicklung in unserer Gesellschaft, bei der demokratische Prozesse und Institutionen im Allgemeinen angezweifelt und verächtlich gemacht werden.

... agieren die etablierten demokratischen Parteien mitunter ungeschickt. Menschen fühlen sich nicht wahrgenommen und abgehängt.

... verstärken sich Tendenzen, dass nicht mehr miteinander geredet wird. Persönliche Interessen oder Gruppenüberzeugungen werden so stark in den Mittelpunkt gestellt und verteidigt, dass ein Miteinander und die Bereitschaft zum Kompromiss auch über unterschiedliche Sichtweisen und Bedürfnisse hinweg auf der Strecke bleiben.

... werden Menschen mit einer anderen Meinung zu einem der vielen sehr komplexen Themen, die derzeit Politik und Gesellschaft herausfordern, ganz schnell »abgestempelt« und in Schubladen geschoben. Das konstruktive Zuhören und Aufeinander-Eingehen in Zuspruch und Widerspruch findet kaum mehr statt. Das notwendige gemeinsame Ringen unterbleibt. Wer anders ist als man selbst, wird abgeschrieben und kann schnell zur Zielscheibe von bösen Attacken, von Hass und Verleumdung werden.

... verstärken sich radikalisiertes Denken und Reden in unserer Gesellschaft. Extreme Haltungen sind »sagbar« geworden und gewinnen an Einfluss, auch weil die sozialen Medien diese in Windeseile verbreiten und verstärken.

... ist mit vielen dieser Entwicklungen der Boden bereitet für verführerischen Populismus, scheinbar einfache Lösungsangebote, Ausgrenzung, Fremdenfeindlichkeit und die Pflege von Feindbildern. Nicht zuletzt führt das zu einem in Deutschland nicht mehr für möglich gehaltenen Aufblühen des Antisemitismus. Längst bewältigt geglaubtes, extremes nationalistisches Gedankengut breitet sich aus und nistet sich in den Köpfen der Menschen ein. Misstrauen und Hetze drohen unsere Gesellschaft auseinanderzutreiben.

 

Liebe Schwestern und Brüder in der Evangelisch-methodistischen Kirche,

mit diesen Zeilen wende ich mich an euch. Statt einer öffentlichen Erklärung, was »die Haltung der Evangelisch-methodistischen Kirche und der Menschen dieser Kirche ist«, liegt mir am Herzen, euch direkt anzusprechen. Das Zeugnis der Bibel und die daraus abgeleiteten »Sozialen Grundsätze« unserer Kirche sind unmissverständlich. Der Schrecken der beiden Weltkriege und die Gräueltaten des NS-Regimes führten dazu, dass im Nachkriegs-Deutschland und im inzwischen wiedervereinigten Deutschland der Schutz der unantastbaren Würde des Menschen bewusst im Grundgesetz verankert ist und als Richtschnur staatlichen Handelns dient. Extreme politische Gruppierungen und Parteien – egal welcher Couleur –, die diesen Grundsatz aufgeben oder untergraben, stellen sich außerhalb unserer gesellschaftlichen Ordnung und sind nicht zu akzeptieren.

Einige von euch beteiligen sich an den vielerorts stattfindenden Demonstrationen gegen menschenverachtenden Rechtsextremismus. Tut dies weiterhin mit Überzeugung und Klarheit. Doch tut dies mit menschenfreundlicher Gesinnung und einem klaren Blick, der auch inakzeptables Reden und Tun aus anderen Richtungen wahrnimmt und brandmarkt. Es ist beispielsweise auch nicht hinzunehmen, wenn bei pro-palästinensischen Demonstrationen der Terror der Hamas verharmlost, das Existenzrecht Israels bestritten und die Auslöschung des Staates Israel propagiert werden.

Es ist gut, auf den Marktplätzen mit vielen anderen zusammen gegen extremistisches Reden, Denken und Handeln einzutreten. Ungleich schwerer ist es, gerade in den Einzelbegegnungen des Alltags mutig und klar zu sein. Doch genau das ist nötig, um die in der großen Menge demonstrierte Einheit und Botschaft im Alltag zu leben.

Einige von euch meinen, dass eure Anliegen bei der AfD besser aufgehoben seien als bei den etablierten Parteien. Eure Beweggründe dafür mögen unterschiedlich sein. Ich vermute, dass die wenigsten von euch – wenn überhaupt – das in der AfD beförderte völkisch-nationale Gedankengut oder Antisemitismus oder Fremdenfeindlichkeit für richtig und gut befinden. Bitte haltet euch offen für das Gespräch darüber und stellt euch kritischen Fragen. Zugleich erinnere ich euch daran: Seit ihrer Gründung ist es dieser Partei zunehmend schwergefallen, sich von rechtsextremem Gedankengut deutlich, klar und dauerhaft abzugrenzen. Inzwischen wurden Teile der Partei und einzelne Personen in herausgehobener, einflussreicher Stellung vom Verfassungsschutz als eindeutig rechtsextrem eingestuft. Darum bedenkt ernstlich, was ihr bei einer möglichen Stimmabgabe für diese Partei tatsächlich unterstützt.

 

Liebe Schwestern und Brüder, lasst uns ...
... versuchen, in unseren Gemeinden, am Arbeitsplatz und in der Nachbarschaft das Gespräch über die derzeitigen großen Herausforderungen zu wagen. Ich weiß, dass dies unglaublich schwierig ist. Manchmal herrscht der Eindruck vor, als könnte das überhaupt nicht gelingen, da die Wahrnehmungen und Überzeugungen derer, die miteinander kommunizieren sollten, komplett unterschiedlich sind. Dennoch! Das ernste, aufrichtige und klare Gespräch ist die einzige Alternative.

... einander als Menschen achten. Es ist leicht, übereinander zu sprechen. Dabei geschieht es schnell, einander nur noch als Gegner zu sehen. Das kann sogar dazu führen, im Gegenüber nicht mehr einen Menschen aus Fleisch und Blut zu sehen, nicht mehr einen Menschen mit Gefühlen und Bedürfnissen, nicht mehr einen Menschen als Ebenbild Gottes.

... versuchen, auf der Grundlage der klaren Ablehnung von völkischem Nationalismus, Antisemitismus, Fremdenfeindlichkeit und Gewalt einander zuzuhören und aufeinander einzugehen.

... versuchen, ungeachtet unterschiedlicher politischer Überzeugungen, gemeinsam für Menschenwürde, Freiheit und Demokratie einzutreten.

... aufrichtig und mutig unsere biblische Überzeugung leben, dass Gott in seinem Sohn Jesus Christus zur Welt gekommen ist und unter uns »das Wort von der Versöhnung« aufgerichtet hat. Als mit Gott versöhnte Menschen, werden wir zu Botschafterinnen und Botschaftern der Versöhnung (2. Korintherbrief 5,18-20). So sind wir beauftragt, zu versöhnen und nicht zu spalten, zu heilen und nicht zu zerstören, zu verbinden und nicht zu trennen. Dazu schenke uns Gott die nötige Kraft, den nötigen Mut und die nötige Weisheit.


Mit herzlichen Segensgrüßen,
Bischof Harald Rückert

nach oben