Bibellesen mit Gewinn - Kontext zu Einheit 5
Kontext, Kontext, Kontext - Lukas 21,25-36
Das Kommen des Menschensohnes und Ermahnung zur Wachsamkeit
Kontext 1 – Geschichtliche Hintergründe zum Text
Endlich Advent! Nun packen wir wieder die wunderbaren Lieder aus dem Gesangbuch aus, denn die treffen es doch textlich oft so trefflich, so wie dieses:
„Schon die Propheten verhiessen Israel: «Die Jungfrau-Mutter schenkt euch Immanuel.»
«Gott-mit-uns» wird er heissen und unser Bruder sein. Mit ihm kehrt die Hoffnung auf unsrer Erde ein...“¹
Und damit ist auch schon gleich eine wesentliche Erkenntnis benannt, die wir beim historischen Kontext der Bibeltexte stets berücksichtigen sollten: Unsere Bibel ist fast vollständig die Geschichte Gottes mit Israel, seinem erwählten Volk. In dieses sind wir aufgenommen durch unseren Glauben an Jesus Christus, ohne selbst Israeliten zu sein, aber in geschwisterlicher Verbundenheit. In unserer uns eigenen christlichen Prägung lesen wir denn auch die alttestamentlichen Texte mit unserer christlichen Brille. Wir erkennen die Hinweise auf Jesus überall und erfahren die Befreiung oft persönlich in unseren Herzen und Hirnen. Aber das ist Gottes Weg mit uns. Mit Israel geht Gott einen anderen.
Dennoch ist die Hoffnung auf den Messias, der die Menschen von Unterdrückung, Knechtschaft und Ausbeutung befreit, heute wie damals ein sehnlicher Wunsch vieler Menschen (vgl. die Prophetentexte unter Kontext 3). Die Israeliten, die zu Jesu Zeit unter der Gewalt und Steuerlast der römischen Besatzer ächzten, hätten gerne gesehen, dass einer kommt, und die Römer aus dem Land wirft. Aus den Schriften, die an jedem Sabbath in der Synagoge verlesen wurden, wussten fast alle, dass die Propheten schon lange auf diesen Messias, diesen Sohn des Menschen in den Wolken, hingewiesen hatten. Über Jahrhunderte blieb diese Hoffnung bestehen und war auch nach Jesu Tod und Auferstehung ungebrochen wirksam.²
Die Sehnsucht nach Veränderung, nach einer kosmischen Macht, die diese Veränderung wie eine Erschütterung hätte mit sich bringen können, wurde begrüßt. Kaum einer glaubte daran, dass ein auf einem Esel reitender Zimmermann aus Galiläa in dieses Bild passte. Und doch ist auch er gut unterrichtet in den prophetischen Schriften und zitiert aus ihnen, um den Leuten einerseits Recht zu geben, ja, es wird so kommen, und nein, es kommt auch irgendwie anders, als ihr denkt.
In diesem Spannungsfeld zwischen Erwartung und Korrektur möchte Jesus seine Zuhörenden vor allem auf eines hinweisen: keine Furcht zu haben, sondern mutig, wachsam und zukunftsorientiert zu sein, denn das ist die Richtung, in der er zu finden ist. Damals und heute. Vorwärts.
Kontext 2 – Auslegungsangebot
Zusammenfassung: Jesus ist vorwärts zu finden und gibt uns die Kraft, die richtigen Prioritäten zu setzen – mutig und aufrecht.
Mittlerweile machen sich doch vielerorts Zweifel breit, ob es nach fast 2000 Jahren des Wartens noch realistisch ist, an Jesu Rückkehr zu glauben.
Sehen wir, wie sich die Welt entwickelt hat und welche Klimakatastrophen und Verrohungen unserer Gesellschaft sich breitmachen, da mag manch einer gerne unken, dass die Endzeit kurz bevorstehe oder wir gar schon mittendrin stecken.
Ist es so? Können wir den Fruchtstand an unseren Bäumen erkennen, aber die Zeichen der Zeit nicht? Haben diejenigen Recht, die das nahe Ende heraufbeschwören? Was ist dem entgegenzusetzen? Nun, sicherlich sollten wir weder in die Schwarzmalerei einstimmen noch der Verzweiflung Raum geben, denn mit Luther gesprochen pflanzen wir heute noch einen Baum, auch wenn morgen die Welt untergeht. Wir wissen nicht, wann Jesus wiederkommt, aber wenn da, wo Jesus wohnt, 1000 Jahre wie ein Tag sind, dann sind gerade mal erst zwei Tage vergangen, seit er in den Himmel zurückgekehrt ist. Sehen wir das doch mal so!³
Der Hinweis, wachsam und mutig zu sein, ist auch nicht nur in Hinblick auf Jesu Rückkehr geboten. Wir wissen alle, dass es unheimlich schwierig ist, schon im Alltag regelmäßig an Jesus dran zu bleiben, weil so vieles uns von ihm wegziehen und ablenken will. Wachsam zu sein und mutig heißt heute auch, die richtigen Prioritäten zu setzen, mit klarem Verstand Entscheidungen zu treffen und zu manchem auch Nein zu sagen. Von Jesus die Kraft zu bekommen und ihm mit dem, was wir denken, fühlen und tun, gefallen zu wollen, macht uns frei von Eitelkeiten und Abhängigkeiten, die uns nicht in die Freiheit führen.
Jesus will dein und mein gutes Potential zur Entfaltung bringen, damit unser Licht vor den Menschen leuchtet und auf Gott hinweist. Den brauchen alle, auch wenn sie das manchmal nicht zu wissen scheinen. In der Adventszeit ist wieder eine gute Gelegenheit zu strahlen. Lassen wir uns dazu vom Feuer der Liebe Jesu neu den Funken in unserem eigenen Herzen anfachen.
Kontext 3 – Verweise auf andere Texte in der Bibel
Vergleiche doch mal diesen Abschnitt aus dem Lukas Evangelium mit den Worten bei Matthäus 24,29-31 und Markus 13,24-27. Was ist ähnlich, was ist anders?
Jesus greift in diesem Abschnitt bei Lukas Worte aus dem Alten Testament auf, die über das bevorstehende Gericht Gottes und einen kommenden Menschensohn berichten. Vergleiche doch mal die Prophezeiungen im Buch der Propheten Joel 2,30-31, Daniel 7,13-14 und Jesaja 24.
Von wem ist hier die Rede?
Fragen zum Weiterdenken
- Findest du solche Bibeltexte beunruhigend, spannend, irritierend oder...?
- Über die Zusammenhänge der alttestamentlichen Texte wird ein sehr großer Zeitraum der Erwartung abgedeckt. Welche Erwartung hättest du gehabt, wie der Messias oder Menschensohn sein soll?
- Bei den Gerichtsszenarios geht es nicht um Zerstörung, sondern um Neuwerden. Teilst du diese Ansicht? Welche Anhalte bieten die Texte dazu?
"Jesus und du..." zum Ausdrucken
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