Angedacht 24.4.2022

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Herzlichen Gruß an alle, die mitlesen!

Alte Bäume sind super. Sie sehen einfach toll aus. Sie strahlen Ruhe, Beständigkeit und Verlässlichkeit aus. Und man sieht ihnen oft an, dass sie in ihrem Leben so einiges mitgemacht haben: schönes Sonnenwetter und Herbst- oder Frühjahrsstürme, angenehme Temperaturen, Hitze und Kälte, Nässe und Trockenheit. Und wenn man solche Bäume genauer anschaut, sieht man gelegentlich auch das eine oder andere Herz oder Initialen eingeritzt in die Rinde. So etwas gehört dort zwar im Prinzip nicht hin, zeugt aber davon, dass im Schatten des Baums gelebt worden ist.

„Seid wie solch ein Baum“, wird der Gemeinde im antiken Kolossä im Gebiet der heutigen westlichen Türkei gesagt. Gründet mit euren Wurzeln im Glauben an Jesus Christus. Lasst die Wurzeln immer mehr in diesen Glauben hineinwachsen und seht, wie sich dabei der Stamm eures Lebens immer stärker entwickelt und dabei stabiler wird. Schaut man sich die Situation der Menschen im damaligen Kolossä an und vergleicht sie mit der heutigen Umgebungskultur, können interessante Parallelen entdeckt werden. Das Bild vom eigenen Leben und Glauben als Baum, der fest verwurzelt ist, steht in einer gewissen Spannung zu dem, was Zeitgeist ist.

Natürlich suchen Menschen Gewissheiten. Das war damals so und das ist heute so. Nicht umsonst wird alles mögliche als Orientierungspunkt angeboten, was sich dann doch als zu quergedacht erweist. Vermeintliche Wahrheiten, durchs Internet in sozialen Medien geschickt gestreut, fallen nur deshalb auf fruchtbaren Boden, weil es einen großen Bedarf nach Gewissheit und Halt gibt

Interessanterweise stehen dieser Bedarf und die häufig allzu schnelle Übernahme einfacher Antworten im scharfen Kontrast zum hochgehaltenen Selbstverständnis unserer Tage. Das besagt nämlich, dass wir uns natürlich nichts von anderen sagen lassen wollen und vermeintlich immer unsere eigenen, autonomen Entscheidungen treffen. Im antiken Umfeld der damaligen Empfänger des biblischen Schreibens hätten die Menschen genau so sprechen können. Unsere technisierte Welt sieht zwar komplett anders aus, aber die Grundfragen menschlicher Existenz stellen sich damals wie heute in ähnlicher Weise. Wir „ticken“ nicht wirklich anders als die Menschen vor zweitausend Jahren. Der biblische Ratschlag: Gewissheit geben wir uns nicht selbst. Sie erwächst in der Nähe zu Christus. Dort bezieht der Baum durch seine Wurzeln Lebenskraft. Kein Baum ernährt sich selbst. Und auch kein Mensch muss sich seine Lebenskraft selbst erarbeiten. Vor einer Woche feierten wir die Auferstehung Jesu von den Toten. Das ist aber kein einfach zu glaubender Lehrsatz, sondern erweist seine Wahrheit und Lebenskraft immer wieder in der Beziehung zu Jesus. Wer an Jesus glaubt, lebt nicht von kraftlosen Richtigkeiten, sondern von der täglichen Erfahrung, mit einem lebendigen Gott zu leben. In dieser Beziehung erlebe ich, gehalten zu sein und nicht selbst festhalten zu müssen. Dieser Halt macht mich frei, mich der Welt zu öffnen und Verantwortung wahr zu nehmen.

Mit herzlichem Gruß

Hartmut Kraft